Tamara Labas über Liebesgeschichten und Schokoladenkuchen
Ein Bericht von Sophie Mahr
Wir haben den 27. Januar – Tag des Schokoladenkuchens. Was würde zu diesem Tag besser passen als »Eine Geschichte mit Schokoladenkuchen«? »[…]ich nahm erneut den Wohlgeruch von Butter, Vanille und geschmolzener dunkler Schokolade wahr, der seine Wohnung erfüllte […]« berichtet Veronika, die Protagonistin aus Tamara Labas neuster Kurzgeschichte, welche in kürze als Teil der Größenwahn Appetit-Reihe, in Form eines eBooks, unter dem Titel »Zartbittere Verführung« erscheint.
Ich habe mich mit der Autorin im Verlag getroffen und mit ihr über die Entstehung der Geschichte, der Bedeutung von Glück und natürlich über Schokoladenkuchen geredet.
»Zartbittere Verführung« ist bereits 2015 in der Anthologie »Die Frankfurterinnen Band 1« unter dem Titel »Kirschblüten« erschienen. Diese entstand in Zusammenarbeit des »Literaturclubs der Frauen aus aller Welt e.V.« und des Größenwahn Verlags. Gründungsidee des Literaturclubs war es, Frauen mit Migrationshintergrund zu fördern, in deutscher Sprache zu schreiben. Begonnen hat es als Schreibwerkstatt, wo Frauen einander ihre jeweiligen Geschichten vorstellen und von einem Lektor unterstützt wurden. Mittlerweile sind auch deutsche Frauen Teil des Vereins, denn ein weiteres Ziel ist die internationale Völkerverständigung.
Sophie Mahr: Liebe Frau Labas, Sie sind die Vorsitzende des »Literaturclubs der Frauen aus aller Welt e.V.«. Was genau sind Ihre Aufgaben und wie sind Sie zu diesem Verein gekommen?
Tamara Labas: Zu meinen Aufgaben gehört es diese Gruppe aus temperamentvollen, starken Frauen gut zu leiten. Das heißt, jeder soll individuell gefördert werden, sowohl diejenigen, die lernen möchten in deutscher Sprache zu schreiben, als auch diejenigen, die bereits veröffentlicht haben, weiterhin zu unterstützen. Des Weiteren akquiriere ich Lesungen und knüpfe Kontakte. Insgesamt möchte ich die Frauen und die Entwicklung des Literaturclubs fördern. Zu meiner Vision gehört es, den Literaturclub noch weiter in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken und dabei der Gründungsidee treu zu bleiben.
Ich selbst bin durch einen Zufall zum »Literaturclub der Frauen aus aller Welt e.V.« gekommen. Ich war mit dem Auto auf dem Weg nach Frankfurt, dabei wurde ich in einen Unfall verwickelt. Mit dem Auto konnte ich nicht mehr weiterfahren und natürlich war der Handy Akku auch leer. Ich fragte eine Frau, ob sie mich mitnehmen könne. Sie war sehr hilfsbereit und erzählte mir von dem Literaturclub. Durch sie begeistert ging ich zu einem der Treffen mit. Auf diese Weise wurde ich Mitglied. Diese Mitgliedschaft fördert seit dem meine Kreativität. Bereits nach einem Jahr wurde ich zu einem Teil des Vorstands gewählt und seit 2014 bin ich die Vorsitzende.
Sophie Mahr: Warum haben Sie die Geschichte über Veronika und Jan für die Anthologie »Die Frankfurterinnen« ausgewählt?
Tamara Labas: Das Arbeitsthema der Anthologie lautete »Begegnung jenseits der Grenzen«. Ich wollte bewusst keine Geschichte über Heimat schreiben, um deutlich zu machen, dass für Autoren mit Migrationshintergrund Heimat zwar ein wichtiges Thema ist, aber dass es auch Themen gibt, für die es keinen Unterschied macht, ob man einen Migrationshintergrund hat oder nicht. Mir kam die Idee, über eine Beziehung zuschreiben, die katastrophal endet. So entstand die Geschichte von Veronika und Jan.
Sophie Mahr: Sie sind allerdings nicht nur Autorin, sondern auch psychoanalytische Paar-, Familien- und Sozialtherapeutin. Welche Rolle spielen Ihre Erfahrungen/Erkenntnisse der Psychoanalyse in Ihren Texten, besonders bezüglich »Zartbittere Verführung«?
Tamara Labas: Diese Erfahrungen sind für mich eine Inspiration. Als Therapeutin begegne ich vielen Frauen, die häusliche und sexualisierte Gewalt erlebt haben. In der Geschichte wollte ich mich mit diesem Thema literarisch auseinandersetzen. Es ist wichtig nicht nur an die Wunde im Jetzt zu denken, sondern auch an die Heilung in der Zukunft, aus Allem kann man etwas Positives machen.
Sophie Mahr: Die meisten Liebesgeschichten verlaufen nach einem ähnlichen Schema: Sie treffen sich, es kommt zu diversen Komplikationen und am Ende die romantische Hochzeit. Ihre Geschichte ist jedoch anders. Wollten Sie diese im Kontrast dazu realistischer inszenieren? Was ist Ihrer Meinung nach der Grund für die Veränderungen bei Veronika und Jan?
Tamara Labas: Die Liebesgeschichte stand für mich nicht im Vordergrund, sondern die Fragen »Warum entwickeln sich Menschen so? Wie kommt es dazu?«. Um diese Fragen zu beantworten bin ich gedanklich in die Rolle der Veronika geschlüpft. Die Ursache der Veränderung ist die fehlende Kommunikation zwischen den beiden, denn sie haben zu keinem Zeitpunkt über ihre Planung der Zukunft geredet.
Sophie Mahr: In Ihrer Geschichte geht es auch um Glück und Unglück. Was ist Ihre Definition von Glück?
Tamara Labas: Für mich geht es bei der Definition von Glück nicht um das Glücksgefühl an sich. Glück ist für mich das Bewusstsein darüber, dass man glücklich ist. Dass man die Fähigkeit dazu hat sich glücklich zu fühlen und somit überhaupt Glück erreichen kann.
Glück gibt es aber nicht ohne Unglück, beides gehört zum Leben dazu. Durch das erlebte Unglück kann man neue Erkenntnisse gewinnen, die einen im Leben weiterbringen. Man schafft es vielleicht nicht immer alleine aus dem Unglück hinaus, aber das Wissen, dass man auch dieses mit Unterstützung überstehen kann, das ist Glück. Dafür wichtig ist, meiner Meinung nach, auch eine Vision vom eigenen Leben.
Für viele ist es ein glücklicher Moment, ein Stück Schokolade zu essen. Für Veronika und Jan war ein Stück Schokoladenkuchen sogar der Beginn ihrer Beziehung.
Sophie Mahr: Glauben Sie, dass Schokolade und speziell Schokoladenkuchen sich gut als Mittel der Verführung eignet?
Tamara Labas: Beim Schreiben der Geschichte habe ich mich spontan für den Schokoladenkuchen entschieden, aber er war nicht als bewusstes Mittel der Verführung gedacht. Aber ich denke, dass Schokolade ein Mittel der Verführung sein kann, wenn sie nicht zu süß und nicht zu bitter ist, kann sie sehr sinnlich sein. Schokolade ist wahrscheinlich verführerischer als Schokoladenkuchen, aber auch ein Kuchen kann verführen, besonders, wenn er innen drin noch flüssig ist. Das Zergehen der Schokolade auf der Zunge ist einfach ein sinnlicher Moment.
Sophie Mahr: Haben Sie selbst eine Schwäche für Schokoladenkuchen?
Tamara Labas: Meine Schwäche gilt der dunklen Schokolade, ich esse täglich ein Stückchen davon.
Tamara Labas wurde in der kroatischen Hauptstadt Zagreb geboren. Sie kam als Kleinkind mit ihren Eltern nach Frankfurt am Main und studierte dort Germanistik und Kunstgeschichte an der Goethe-Universität.
Sophie Mahr: Als Jugendliche sind Sie zwischen Frankfurt am Main und Zagreb gependelt. Wie haben Sie das empfunden und machen Sie noch heute regelmäßig Urlaub in Kroatien?
Tamara Labas: Es ist eine Bereicherung zwei Heimatstädte zu haben, aber es kann auch dafür sorgen, dass man sich in beiden nicht so richtig zu Hause fühlt. Es birgt sowohl einen Gewinn, als auch einen Verlust. Im Prinzip erfährt jeder, der sein Elternhaus verlässt, eine „Micro-Migration“. Bei einer guten Migration überwiegt der Gewinn, denn man erhält viele neue Erfahrungen. Ich selbst bin in Frankfurt zu Hause, aber meinen Sommerurlaub verbringe ich gerne an der Adria.
Sophie Mahr: Wie ist es dazu gekommen, dass Sie eigene Geschichten schreiben?
Tamara Labas: Bereits in der Schule habe ich gerne Geschichten geschrieben, aber durch den »Literaturclub der Frauen aus aller Welt« bin ich dazu gekommen, meine Geschichten zu veröffentlichen. Der Literaturclub hat meine Kreativität gefördert und es motiviert zum Schreiben, wenn man für jemand anderen schreibt.
Sophie Mahr: Im April 2017 erscheint Ihr Lyrikband »Zwoelf«. Was für eine Art Gedichte erwarten uns da? Wie sind diese entstanden?
Tamara Labas: Die Gedichte behandeln unter anderem die Natur. Sie sollen leicht zugänglich, aber auch tiefsinnig sein. Sie sollen berühren. Ich schreibe über Impulse, die von Außen oder aus meinem Inneren kommen. Ich denke am Anfang nicht groß darüber nach, es ist ein automatisches Schreiben. Ich schreibe über Beobachtungen, Gefühle und Menschen die mir nahestehen, wie zum Beispiel Projektpartner. Die ältesten Gedichte sind 10 Jahre oder älter, die meisten habe ich jedoch im Zuge des Projektes geschrieben. Denn im Laufe der Jahre gab es auch eine Entwicklung meines Schreibstils.
Sophie Mahr: Schreiben Sie lieber Erzählungen oder Gedichte?
Tamara Labas: Beides schreibe ich gerne, aber Lyrik ist mein Favorit. Ich empfinde Lyrik als noch kreativer, man kann mehr experimentieren und es gibt eine größere sprachliche Freiheit. Außerdem lässt sich das Unterbewusste besser ausdrücken.
Haben Sie Lust auf eine emotionale Geschichte und benötigen Sie noch ein Rezept für leckeren Schokoladenkuchen? Dann lesen Sie »Zartbittere Verführung – Eine Geschichte mit Schokoladenkuchen«. Begeistern Sie Ihre Freunde oder den Partner mit Ihren Backkünsten. Nach dem Schokoladenkuchen haben Sie Appetit auf mehr? In der Größenwahn Appetit-Reihe warten noch viele schöne Geschichten mit den passenden Rezepten auf Sie.