von Lukas Rameil
Am Donnerstag den 6. Juli startete eine Gruppe Buchhändler-Schüler vom Mediacampus Frankfurt in Richtung Bockenheim. Nicht etwa Flanieren auf der Leipziger Straße oder eine Besichtigung des Campus Bockenheim stand auf dem Programm, vielmehr der Besuch des Kultur- und Medienhauses in der Varrentrappstraße 53. Hier domizilieren neben unserem Größenwahn-Verlag, der Verlag steinbach sprechende bücher und der Dryas Verlag. Auf Initiative des Größenwahnverlegers Sewastos Sampsounis luden die Verlage des Hauses gemeinschaftlich die Lehrlinge der Buchbranche zu einem Treffen ein, bei dem vor allem das gemeinsame Kennenlernen im Vordergrund stehen sollte. Für die Buchhändler Schüler ergab sich dabei die Möglichkeit unabhängige Verlage näher kennenzulernen und über deren Arbeitsabläufe, Herausforderungen und Berufsethos zu erfahren. Und wir vom Größenwahn Verlag fragten uns: Wie ticken die zukünftigen Buchhändler? Was sind ihre literarischen Präferenzen und wie ist ihre Prognose für die Branche? Die Neugier auf unsere Gäste überlagerte die Anspannung, die jedem Gastgeber innewohnt.
Eine erste Vorstellung fand zunächst im Konferenzraum statt. Die elf teilnehmenden Buchhändler-Azubis stellten sich kurz vor und bekannten – auf Bitte der Verleger – Farbe, in welchem Buchhandel sie beschäftigt sind. Es offenbarte sich, dass die Hälfte der Schüler ihre Ausbildung beim Branchenprimus Thalia absolviert und sie aus allen Himmelsrichtungen des Bundesgebietes angereist kamen. Es wehte wieder einmal ein Hauch von Diversität im Hause der Größenwahnsinnigen und der Verlagspartner.
Weiter ging es mit einer Führung durch die Räumlichkeiten. Die anderen Verlage machten den Auftakt, bevor wir vom Größenwahn Verlag an der Reihe waren. Dicht an dicht standen nun Schüler und wir Praktikanten in unserer Verlagsstube und lauschten bei rauschendem Ventilator Sewastos‘ Worten. Gleich zu Beginn gab er den Gründungsmythos des Verlags zum Besten: Ein Cafè im Frankfurter Nordend nahm sich 1978 vor, einen „größenwahnsinnigen Ort“ des toleranten und queeren Denkens zu etablieren. Die Idee ging auf und setzte ungeahnte Kräfte frei. Nach ungefähr einer Millionen gerauchten Kippen und dreihunderttausend Liter getrunkenem Äppler, ein bisschen genauer: 31 Jahre später, kommt der damalige Kellner und jetzige Teilhaber des Cafès (Sewastos) auf die Idee dem Freigeist nicht nur in vertieften Thekengesprächen zu frönen, sondern Autoren mit einer bestimmten Botschaft zu fördern und ihre Texte zu verlegen. Heraus kam der Größenwahn Verlag. Wie schon beim Cafè, ist auch hier der Name Programm.
Das kam bei den angehenden Buchhändlern gut an und die Zurückhaltung wich einer Sympathie, die die Weichen stellte für einen vertraulicheren Austausch.
Die Verleger und Praktikanten hatten reich aufgetischt und so saßen wir gleich darauf bei Bockwurst, Quiche und Kuchen am ausladenden Tisch und erzählten, plauderten und flachsten miteinander. Nun war auch Zeit für die eingangs erwähnten Fragen und die angehenden Buchhändler gaben uns daraufhin einen Einblick in ihre Lebenswirklichkeit. Für gewöhnlich stehen sie hinter der Theke, auf der Verkaufsfläche oder im Lager ihrer Buchhandlung. Zweimal aber geht es für jeweils neun Wochen nach Frankfurt am Main zum Mediacampus, die Berufsschule für Buchhändler. Einhellig war ihre Meinung über den positiven Aufenthalt in Frankfurt, es sei wie eine lange Klassenfahrt und man lerne neue spannende Menschen kennen. Natürlich stehe das Lernen im Fokus, doch, und das nahmen wir ihnen trotz Floskel-Alarm ab, gemeinsam lernt es sich besser.
Eine Schülerin berichtete über die ökonomische Situation der Branche. Gehen die Menschen noch zuhauf in Buchhandlungen, um analoge Bücher zu kaufen? Sie entgegnete, dass sowohl der Online Handel aber eben auch der klassische Verkauf über die Ladentheke in den letzten Jahren angestiegen ist. Nun gut, die Details wurden in diesem Rahmen nicht ausgebreitet, aber es war auch zu laut und tumultartig am Tisch mit schnatternden und vollends aufgetauten Buchhändlern.
Man könnte vielleicht annehmen eine kaufmännische Ausbildung bringt in erster Linie Menschen hervor, die in Logik und Zahlen geschult, die Kosten-Nutzen-Analyse aufgesogen habe. Doch die Realität ist wie so häufig differenzierter, jedenfalls bei den Händlern des Buches, die wir kennenlernen durften. Es begegneten uns literaturbegeisterte junge Menschen, die die Offerte von Sewastos, jeweils zwei Leseexemplare unseres Hauses mitzunehmen, mit Staunen und Jubel quittierten. Wir empfahlen uns und ermunterten die von dannen Ziehenden uns doch zukünftig ein Feedback der gelesenen Bücher zukommen zu lassen. Mit verschmitztem Lächeln fügte unser Verleger Sewastos hinzu, über Buchbestellungen würden wir natürlich auch nicht unglücklich sein.
Ein gelungener Tag neigte sich dem Ende zu. Erschöpft von den Eindrücken verließen wir das Verlagshaus und gaben uns der Frankfurter Rushhour hin.
Presseberichte
Börsenblatt: Buchhändlerschüler besuchen Frankfurter Verlags-WG
BuchMarkt: Zu Gast bei Größenwahn, Dryas und steinbach sprechende bücher